Der weite Weg von Lettland ins Sauerland

Dr. Sandra Gintere offiziell als Pfarrerin der Winterberger Kirchengemeinde begrüßt

„Pilgern, hast Du einmal erzählt, war schon immer Deine große Leidenschaft - und das sieht man irgendwie auch an Deiner Biografie“, so begrüßte Superintendent Stefan Berk am Sonntagnachmittag beim Einführungsgottesdienst in der Evangelischen Kirche Winterberg die neue Gemeindepfarrerin Dr. Sandra Gintere im Wittgensteiner Kirchenkreis, zu dem auch die Winterberger Kirchengemeinde gehört. Der Lebensweg hat Sandra Gintere nämlich an verschiedenste Orte gebracht - ganz praktisch heißt das für Winterberg zum Beispiel auch: Beim nächsten Bob-, Rodel oder Skeleton-Rennen in der Veltins-Arena kann sich die neue Winterberger Pfarrerin mit den allermeisten Teilnehmenden in ihrer jeweiligen Muttersprache unterhalten: Sandra Gintere spricht Lettisch, Russisch, Englisch und Deutsch.

Einen Monat bevor der Mauerbau in Berlin Europa sichtbar teilte, wurde sie in der Sowjetrepublik Lettland geboren, in den real existierenden und religions-feindlichen Kommunismus der UdSSR. Trotzdem fand sie Mitte der 80er Jahre den Weg zum Glauben. In jener Zeit arbeitete sie als Lehrerin im Gymnasium Nr. 31 in Riga. Das Ende der europäischen Teilung brachte Sandra Gintere einen neuen Pass, aus ihrer Heimat Lettland wurde 1991 ein selbständiges, unabhängiges Heimatland, das gleich mit großer Offenheit nicht mehr nach Osten, sondern nach Westen schaute. Sie war ab 1992 Gastlektorin an der Theologischen Fakultät der Universität Riga, wurde 1997 Studienleiterin an der Luther-Akademie in der lettischen Hauptstadt. Danach nahm sie an einem Magisterprogramm an der Erlanger Universität teil, erlangte den theologischen Doktor-Grad in den USA. Dabei arbeitete sie knapp 20 Jahre an der Akademie und rund zehn Jahre für die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands, durfte dort zwar Pfarrer ausbilden, aber nicht selbst Pfarrerin werden. Die Frauen-Ordination gab es bei den lettischen Lutheranern nur kurz - so landete Sandra Gintere in der Evangelischen Kirche von Westfalen. Und übers Siegerland führte sie der Weg ins Sauerland. Hier ist sie nun mit ihrem Lebenspartner Gottfried Bäumer zuhause, ihre zwei erwachsenen Töchter leben in den USA.

Schaut man sich diesen Lebenslauf an, passte es sehr gut, dass Christian Blaufuß in seinem ersten Stück an der Orgel den Einführungsgottesdienst mit der Eurovisions-Fanfare eröffnete. Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst zudem vom eigens für diesen Anlass aus den Reihen des Winterberger Singing Circles zusammengestellten Projektchors, unter der Leitung von Patrick Reichel und mit der Begleitung von Dirk Engemann am E-Klavier. Den offiziellen Teil der Einführung gestaltete Pfarrer Stefan Berk mit zwei Kollegen, Christoph Dasbach aus dem Siegerland und Peter Liedtke aus Girkhausen, der ein knappes Jahr lang kommissarisch als Pfarrer für die Kirchengemeinde Winterberg zuständig war. Viele weitere Menschen waren es, die Sandra Gintere in diesem Rahmen mit Bibelworten für den Dienst rüsteten: Neben ihren Winterberger Amtsvorgängern Manfred Gringel und Matthias Gleibe zahlreiche Pfarrer aus dem Wittgensteiner Kirchenkreis, aber auch die komplette Presbyterschaft der Gemeinde. Der Dienst von Sandra Gintere splittet sich auf: die eine Hälfte der Zeit arbeitet sie für die Kirchengemeinde, die andere Hälfte als Tourismuspfarrerin für Winterberg, aber auch für die übrigen touristisch interessanten Orte in Hochsauerland und Wittgenstein, die alle zusammen den Kirchenkreis bilden.

Nach dem Gottesdienst wechselte die Festgemeinde in den Oversum-Saal. Die zahlreichen Grußwort-Sprecher machten klar, dass man sich in und mit Winterberg nach der zweijährigen pfarrerlosen Zeit der evangelischen Kirchengemeinde auf Sandra Gintere freut und dankbar für sie an ihrem neuen Einsatzort ist. Neben dem früheren Winterberger Pfarrer Matthias Gleibe auch Superintendent Stefan Berk, Bürgermeister Werner Eickler, Tourismusdirektor Michael Beckmann, Pfarrerin Ursel Groß und Dr. Hans Dürr für die beiden anderen Hochsauerländer Gemeinden im Wittgensteiner Kirchenkreis, Dr. Friedrich Opes und Rosi Raeggel aus dem Winterberger Presbyterium sowie Hans-Werner Fritsche von der Langewieser „Margarete und Helmut Milde Stiftung“ der Winterberger Kirchengemeinde. Vom Katholischen Pastoralverbunds-Team Winterberg brachten gleich drei Vertreter das Grußwort auf die Bühne: Pfarrer und Pastoralverbunds-Leiter Norbert Lipinski, Gemeindereferent und Tourismusseelsorger Jörg Willerscheidt sowie Diakon Hans Bexkens. Das wird Sandra Gintere besonders gefreut haben, denn die Ökumene ist ihr ein wichtiges Anliegen. Von 2007 bis 2018 war sie Mitglied der gemeinsamen Ökumenischen Arbeitsgruppe „Christliche Einheit“ von Vatikan und Lutherischem Weltbund.

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